Geschichte von Halbau am Hochstein
Die Ortsbezeichnung „Halbau am Hochstein“ gibt es seit 1928. Zuvor wurde der Ort „zur Halbe“ später einfach „Halbau“ genannt. Wann genau die erste Besiedlung des Ortes stattfand, kann nicht mehr
genau nachvollzogen werden. Fest steht, dass bereits 1580 zehn Großgärtnerstellen mit jeweils 2,5ha Land vorhanden waren. Anzunehmen ist, dass die Besiedlung gegen 1550 begonnen hat. Gegründet
als Waldarbeitersiedlung, waren es 1620 bereits 11 Ansiedlungen. Bis zum Jahr 1519 war ein Heinrich von Schley der Grundherr in Obercunewalde. Ab diesem Jahr ist es dann das Geschlecht von
Nostitz. Die Gärtner waren durch das Laßrecht sehr abhängig von der Grundherrschaft. Der Gärtner konnte jederzeit von seinem Anwesen vertrieben werden. Die Wirtschaften gehörten dem Grundherren,
sie waren den Halbauern nur überlassen. Ging so eine Großgärtnernahrung vom Vater auf den Sohn über, so musste der Grundherr seine Zustimmung dazu geben. Der neue Besitzer der Gartennahrung
musste außerdem an den Grundherren Lehngeld zahlen. Das Lehngeld, was bei Besitzwechsel zu zahlen war, war auf 5% des Wertes der Großgärtnernahrung festgesetzt. Niemand durfte den Ort verlassen
und sich in der Stadt oder in einem anderen Ort Arbeit suchen, in der Hoffnung, dort freier leben zu können. Die Herrschaft hatte das Recht, den Unfolgsamen oder Boshaften, wie es damals hieß,
mit Gewalt zurückbringen zu lassen und empfindlich zu bestrafen. Die Grundlage dafür bildete die „Oberlausitzische Gesindeordnung“ aus dem Jahr 1699 bzw. vom 25. Juli 1767. Diese Freiheitsbeschränkung galt auch für Frauen und Mädchen. So gab es Schwierigkeiten, wenn ein Mädchen aus Halbau nach Kleindehsa, Lawalde oder überhaupt in
einen anderen Ort heiraten wollte. In diesem Fall mussten die Bräute 5 Thaler zahlen, um sich von der Erbuntertänigkeit freikaufen zu können.
Nicht alles ließen die Halbauer Gärtner widerspruchslos mit sich geschehen. Im Jahr 1763 kam es zum Fröneraufruhr in Halbau. Die Halbauer Fröner trafen sich spät abends bei Hans George Neitsch um
gemeinsame Maßnahmen gegen die Willkür des Junkers und des Vogtes zu beschließen. Gärtner Hensel machten sie zum Wortführer. Es wurde beschlossen, bei der Regierung in Dresden eine Beschwerde
einzureichen. Der junge Hans Christoph Kutschke brachte die Punkte zu Papier, da er eine gute Handschrift hatte. Um die Unkosten für diese Reise nach Dresden zu bezahlen, wurde gesammelt. Das
Ergebnis waren 2 Thaler und 16 Groschen. Unter den Halbauern war damals aber auch ein Verräter, der unmittelbar nach der Beratung nach Obercunewalde zur Herrschaft ging und diese über alle
Einzelheiten unterrichtete. Der Verräter ist jedoch unbekannt geblieben. Der Justiziar der Gutsherrschaft leitete Strafmaßnahmen ein und legte die Anführer „in den Stock“. Die Angelegenheit war
jedoch so offenkundig geworden, dass die schwelende Glut leicht zur Flamme auflodern konnte. Notgedrungen gab der Gutsherr Carl Gottlob von Ziegler und Klipphausen den Vorfall zur juristischen
Fakultät nach Wittenberg. Die Antwort fiel aber nicht im Sinne des Junkers aus. Zwar wurde durch diese damals höchste Rechtsinstanz die nächtliche, geheime Verschwörung der Halbauer als
ungebührlich und mit den Patrimonialgesetzen unvereinbar, aber nicht als Strafbare Handlung deklariert. Der Obercunewalder Grundherr musste die Anführer wieder auf freien Fuß setzen. Die Kosten
des Verfahrens mussten aber die Halbauer Fröner tragen. Am Halbauer Fröneraufstand nahm wahrscheinlich auch mein Vorfahr, der junge Großgärtner Andreas Neitsch (* Halbau 13.02.1729, + Halbau
12.08.1772) teil.
Mit der Geburt des Zacharias Neitsch im Jahr 1698 in Halbau ist die Familie nachweislich im Ort ansässig. Wahrscheinlich übernahm dessen Vater Andreas Neitsch die Großgärtnernahrung Nr. 2 seines
Schwiegervaters Zacharias Hennig. Das Grundstück Halbau Nr. 2 bleibt bis ins 19. Jahrhundert hinein, also fast 200 Jahre, in Familienbesitz. Aus dem Jahr 1835 hat sich der Kaufvertrag zwischen
Johann George Neitsch und seinem Sohn Gottlieb Neitsch erhalten. Auch noch im Jahr 1835 hat es eine starke Abhängigkeit zwischen der Gutsherrschaft und den Gärtnern gegeben. So mussten
Handdienste und Abgaben durch das ganze Jahr hinweg gezahlt werden. Einer der Söhne Gottlieb Neitschs, Karl Gottfried Neitsch, wurde Kleingärtner in Lawalde. In Lawalde wurde dann mein
Ur-Urgroßvater Karl Friedrich Neitsch geboren. Er erlernte das Müllerhandwerk und arbeitete zunächst als Müller in Seifhennersdorf. Nachdem die
Mühle abgebrannt war, kaufte er den Materialwarenhandel in Dorna bei Gera. So gelangte die gesamte Familie Neitsch ins Thüringische.